Bistum Augsburg: Klostergalerie St. Ottilien zeigt Scherenschnitte
Werke einer „Vogelschwester“

Im Archiv des Klosters der Erzabtei entdeckte Pater Cyrill Schäfer, der Leiter der Galerie, die Arbeiten der Künstlerin, die jetzt in der Ausstellung zu sehen sind, dazu kamen noch Leihgaben der Benediktinerabtei St. Walburg in Eichstätt. In der Klausur dort lebte Dorothea Brockmann seit ihrem Eintritt ins Kloster 1931 bis zu ihrem Tod.
Mit ihren Scherenschnitten deckte die Benediktinerin ein breites Spektrum ab – und so ist die Ausstellung auch in vier Kategorien eingeteilt: Illustrationen zu Kinderbüchern, auch Märchen, Scherenschnitte zu religiösen Themen, Tiermotive und Pflanzenmotive. Ihr Talent bewies sie ganz besonders bei Pflanzen, meistens Blumen und Gräser, oft im Maßstab eins zu eins.Tiere, bevorzugt Vögel und Insekten, waren es vor allem, von denen sie Scherenschnitte anfertigte. Hier war sie, wie die Exponate eindrucksvoll beweisen, eine unübertroffene Meisterin.
Über 6000 Scherenschnitte mit den verschiedensten Motiven entstammen ihrer Hand. „In der Motivwahl offenbarte sich ihre Liebe zur Natur, vor allem zur Vogelwelt, auf eindrucksvolle Weise. Nicht nur im Klostergarten und während der außerhalb des Klosters verbrachten Ferienaufenthalte beobachtete und studierte sie die Vögel, sondern auch in ihrem großen Atelier auf dem Dachboden des Klosters; dort standen mehrere Volieren und Vogelkäfige.
Verarztet und verewigt
„Als St. Walburger Vogelschwester war sie in ganz Eichstätt und Umgebung bekannt, war sie doch Anlaufstelle für ungezählte Tierfreunde, die verunglückte Vögel und Nestlinge zu ihr brachten, die sie dann verarztete und aufzog“ – so heißt es im Begleittext von Schwester Maria Magdalena Zunker OSB, der Archivarin der Abtei St. Walburg, im zur Ausstellung erschienenen Katalog. Dort sind über 80 Arbeiten von Schwester Dorothea abgebildet.
Dass ihr Tierschutz auch ganz besonders am Herzen lag, sieht man daran, dass sie im Jahr 1968 vom Augsburger Tierschutzverein den Auftrag erhielt, eine Tierschutzfibel zu illustrieren. Daraus ist auch in der Ausstellung zu sehen: falsche und richtige Hundehaltung. Bis in das kleinste Detail ausgearbeitet und filigran gestaltet ist bei allen Tierbildern – seien es Hund, Zicklein, Gänse, Füchse, Mäuse, Katzen, Vögel, Igel, Schnecken, Schafe und exotische Tiere wie Tiger, Gazellen, Elefanten – jedes einzelne Härchen, jede Mimik, auch jeder Grashalm, Baum oder Ast. Ebenso die Pflanzenmotive, in denen sich immer ein Schmetterling, eine Heuschrecke, eine Biene oder ein Käfer finden lässt.
Wunderschön sind auch ihre Kinderbuch- und Märchen-Scherenschnitte, zu denen etwa „Die Prinzessin auf der Erbse“, „Frau Holle“, aber auch „Tanzende holländische Mädchen“, „Elfe und Reh am Waldrand“, „Igel und Zwerge“ zählen.
Die religiösen Motive zeigen vielfach die Heilige Familie, die Anbetung der Hirten, die Familie auf der Flucht, den heiligen Franziskus, der mit den Vögeln spricht, den heiligen Hubertus mit dem Hirsch, den heiligen Korbinian mit dem Bären, aber auch den Kreuzweg, Christus am Kreuz und Petrus im Kerker – auch hier ist wieder jeder einzelne Scherenschnitt exakt, detalliert und liebevoll ausgearbeitet.
Dorothea Brockmann studierte von 1917 bis 1921 an den Kunstgewerbeschulen Nürnberg und München. Gemeinsam mit ihrer jüdischen Freundin Bessie Drey gründete sie anschließend einen kunstgewerblichen Betrieb in München. Nach der Konversion (Dorothea war evangelisch) der Künstlerinnen zum katholischen Glauben wandten sich beide zunehmend religiösen Themen zu und traten gemeinsam 1931 in die Benediktinerabtei St. Walburg in Eichstätt ein. Während sich Bessie durch abenteuerliche Flucht vor dem NS-Regime in die USA retten konnte, setzte Sr. Dorothea ihre künstlerische Tätigkeit in der Klausur von St. Walburg bis zu ihrem Tod fort.
Gabriele Rabl
Information
Die Ausstellung in der Klostergalerie St. Ottilien ist bis 2. Februar zu sehen. Montag bis Samstag ist sie von 10 bis 12 Uhr sowie von 13.30 bis 17 Uhr, an den Sonn- und Feiertagen durchgehend von 10.30 bis 16 Uhr geöffnet. Am 24. und 25. Dezember sowie am 1. Januar ist sie geschlossen. Gleichzeitig sind im Filmsaal des Klosterladens wieder Krippen ausgestellt.