Bistum Augsburg: „Das leben, was wir verkünden“
Weihbischof Josef Grünwald feiert 30. Weihejubiläum „in einfachster Weise“ und macht sich stark für Glaubwürdigkeit

AUGSBURG – Allerorten geschätzt und ob seiner menschenfreundlichen, zugewandten Art ein Aushängeschild der Kirche: Weihbischof em. Josef Grünwald. Er feiert am 18. März, einen Tag vor seinem Namenstag, das 30. Jubiläum der Bischofsweihe. Im Interview blickt der 88-Jährige zurück, nennt aber auch zentrale Herausforderungen der Zukunft.
Herr Weihbischof, vor 30 Jahren hat Sie der damalige Diözesanbischof Viktor Josef Dammertz in Anwesenheit von mehr als 2000 Gläubigen zum Bischof geweiht. Was haben Sie vom Weihetag besonders in Erinnerung?
Einmal natürlich die gewisse Nervosität, wenn man da im Dom die ganze Schar von Leuten sieht, die bekannten und unbekannten, die Prominenz, die da war, auch kirchlicherseits aus den bayerischen und umliegenden Diözesen. Da wird man schon etwas nervös. Dann kam die Weihe mit ihren eindrucksvollen Riten und Zeremonien, und da gehen dann manchmal auch das Herz und die Emotionen durch.
Am Schluss steht man mit Mitra und Stab am Ambo zur Dankansprache, da werden einem dann schon die Knie weich. Das Wetter war damals sehr schön. Das sind alles so Erinnerungen – das Entscheidende war natürlich die Weihe.
„Bringen wir Jesus Christus und sein Evangelium zum Sprechen in unserer Welt“, riefen Sie den Menschen als eine Art Programm Ihres Wirkens zu. Ist diese Aufgabe nach wie vor aktuell – oder vielleicht noch aktueller als 1995?
Ich denke, dass das nicht nur aktuell, sondern sehr aktuell ist! Denn überall merken wir, dass die Menschen Orientierung und Heil suchen. Sie suchen sie in verschiedensten Ideologien und Praktiken. Aber wir haben ja als Kirche den, der uns den Halt geben will und geben kann – Jesus Christus mit seiner Frohen Botschaft, mit seinem Evangelium. Er ist ja nach unserem Glauben die menschgewordene Liebe Gottes. Und was brauchen die Menschen mehr als die Liebe, als Angenommensein?
Diese Liebe zu verkünden und vor allem glaubwürdig darzustellen, ist heute ein Erfordernis der Zeit. Ich betone: vor allem glaubwürdig, weil die Kirche in den letzten Jahren leider an Glaubwürdigkeit verloren hat. Und die müssen wir wiedergewinnen dadurch, dass wir glaubwürdige Verkünder des Wortes Gottes sind – das heißt auch, dass wir selber das leben, was wir verkünden. So, wie es Jesus Christus getan hat. Er hat das Reich Gottes verkündet und er hat den Menschen in ihren Nöten, geistlichen und leiblichen Nöten, geholfen und damit gezeigt, dass Gott die Menschen ganz und gar liebt. Er will sie erlösen aus Sünde und Schuld und er will sie auch befreien von all dem, was sie sonst noch bedrückt.

Der Augsburger Dom war für Sie nicht nur Ort der Bischofsweihe: Sie wurden dort auch getauft, gefirmt und feierten dort nach der Priesterweihe in Dillingen die Primiz. Ihre Eltern wurden dort getraut. Ist der Dom für Sie ein Ort der besonderen Nähe und Erfahrung von Gott?
Gotteserfahrung können die Menschen auf verschiedene Weise machen. Da Sie den Augsburger Dom ansprechen – den habe ich natürlich von Kindesbeinen an erlebt und darin gelebt: als Ministrant, als Domkaplan und so weiter. Und wenn man den Dom im Lauf der Zeit immer wieder in seinen verschiedenen Perspektiven, auch seiner Ruhe, wahrnimmt, dann kann man Gott darin wirklich erfahren. Die Gottesdienste sind natürlich noch die intensivere Gotteserfahrung, weil man dem Herrn hier in seinem Wort und im Sakrament selbst begegnet.
Zweimal standen Sie in der Sedisvakanz als Administrator an der Spitze der Diözese. Die Einheit des Bistums war Ihnen dabei ein besonderes Anliegen. Wie herausfordernd waren diese Monate?
Rückblickend möchte ich den Mitgliedern im Domkapitel danken, dass sie mir zweimal zugetraut haben, dieses Amt zu übernehmen. Ein Diözesanadministrator ist natürlich gebunden an die Gesetze des Codex – aber es sind doch viele Dinge, die er erledigen muss. Ich erinnere mich an drei große Ereignisse: das Sterben von Johannes Paul II., die Wahl von Papst Benedikt XVI. und den Weltjugendtag in Köln.
Ich erinnere mich zudem – die erste Zeit umfasste mehr als ein Jahr – an Diskussionen in der Bischofskonferenz, etwa, welche theologischen Fakultäten an den Hochschulen in Bayern weiterbestehen können. Das war eine wichtige Sache.
Ansonsten hat der Administrator das getan, was seine Aufgabe ist – die Verwaltung und die Wahrnehmung von Terminen in der Diözese bei Firmungen und Festgottesdiensten. Es gab dann noch eine zweite Gelegenheit, Administrator zu sein – etwas kürzer, aber schwierig. Da ging es vor allem darum, die Wogen zu glätten und die Einheit im Bistum zu wahren.
In ganz Deutschland mangelt es heute an Priesterberufungen. Sie wirken nun bald 65 Jahre im Weinberg des Herrn. Was wünschen Sie den jungen Priestern?
Vor allem, was wir uns ja im Ulrichsjubiläum immer wieder vor Augen geführt haben: ein hörendes Herz. Das gilt den jungen Priestern, aber auch allen anderen. Es geht um ein Herz, das offen ist für das Wort Gottes und ein Herz, das offen ist für die Nöte und Sorgen der Menschen.
Die Priester müssen heute umso mehr, als die Entfremdung von der Kirche voranschreitet, bei den Menschen sein und versuchen, sie anzusprechen und ernst zu nehmen. „Wir sind Gesandte an Christi statt“, heißt es bei Paulus einmal. Wir dürfen nicht warten, bis die Leute kommen, sondern müssen auf sie zugehen – und das wiederum in Glaubwürdigkeit.
Wie begehen Sie das Weihejubiläum?
In einfachster Weise! Ich denke zurück an fünf Jahre zuvor, da war durch Corona auch Einfachheit vorgegeben. Das diesjährige Jubiläum – 30 Jahre Bischofsweihe und 65 Jahre Priesterweihe – geschieht in einfacher Form bei einem Gottesdienst am 1. Juni im Dom. Am Josefstag werde ich im Dom an den zuvorliegenden Bischofsweihetag erinnern.
Interview: Johannes Müller; Fotos: Annette Zoepf