Kommentar:
Toleranz im Sitzungssaal? Das Kreuz mit den Grünen

Als Symbol einer bestimmten Religionsgemeinschaft widerspreche ein im Unionssitzungssaal hängendes Kreuz dem Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche, sagte Maik Außendorf (Grüne). Er entlarvt sich hier als respektlos und intolerant, findet Hildegard Schütz, Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg, in ihrem Kommentar.
Der Grünen-Abgeordnete Maik Außendorf hat es abgelehnt, ausnahmsweise mit dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags im Fraktionssaal der Union zu tagen. Der Grund: An der Wand hängt ein Kreuz. Außendorf forderte die Bundestagspräsidentin auf, dafür zu sorgen, dass die Ausschusssitzung in einem „weltanschaulich und religiös neutralen Sitzungssaal“ stattfinden könne.
Tatsächlich gibt diese intolerante, respektlose Haltung in Bezug auf religiöse Symbole sehr zu denken. Eine Partei, die sich Toleranz auf ihre Fahnen geschrieben hat, entlarvt sich hier durch höchste Intoleranz. Eine Partei, die christliche Werte wie Gerechtigkeit, Frieden, Freiheit und Menschenwürde betont und deren Markenkern Ökologie und Umweltschutz ist, lehnt unter dem Deckmantel der Trennung von Kirche und Staat das Kreuz im öffentlichen Raum ab.
Der Streit ums Kreuz ist nicht neu. So entschied 2011 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass christliche Kreuze in Klassenzimmern keine Grundrechte verletzen – weder das Recht auf Bildung noch das Recht auf Religionsfreiheit. 2023 urteilte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig in letzter Instanz, dass Kreuze in Bayerns öffentlichen Gebäuden hängen dürfen. Die Begründung der Richter ging dahin, dass der Grundsatz der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates keinen vollständigen Verzicht auf religiöse Bezüge verlange. Diese Urteile dürften auch Herrn Außendorf bekannt sein.
Darüber hinaus vergisst er wohl auch die Präambel des Grundgesetzes, in der von „der Verantwortung vor Gott und den Menschen“ die Rede ist, und den Artikel 4 (1) des Grundgesetzes, der besagt: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“ Politisch gilt es hier zu klären, ob es sich bei der Forderung von Außendorf um eine Einzelmeinung handelt oder ob diese Intoleranz für die ganze Partei gilt. Falls letzteres zutrifft, gilt es abzuwägen, mit wem christliche Parteien guten Gewissens politisch koalieren können.