Die ersten christlichen Bilder entstanden in den Katakomben Roms
Hoffnung auf ein Wiedersehen

AUGSBURG – Eine virtuelle Reise in die Bilderwelt der Katakomben Roms unternahm der Wissenschaftliche Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts Rom, Norbert Zimmermann, mit den Gästen des Aschermittwochs der Künstler. Bischof Bertram Meier hatte dazu nach Augsburg eingeladen.
Die Leiterin der diözesanen Hauptabteilung Grundsatzfragen Glaube und Lehre, Professor Gerda Riedl, begrüßte die Zuhörer zu Zimmermanns Vortrag mit dem Titel „Zukunftsversprechen in der römischen Katakombenmalerei?“. „Ich glaube, er könnte blind durch die Domitilla-Katakombe führen“, sagte sie über den Referenten. Sie erklärte, dass Bischof Bertram Meier in dieser Katakombe nach der Weihe zum Diakon seine erste Predigt gehalten habe.
Zimmermann entführte die Gäste in die römische Unterwelt. „Dort sind die ersten christlichen Bilder überhaupt entstanden“, sagte er. Rund 70 Katakomben, unterirdische Grabkammern der frühchristlichen Römer, entstanden ab dem Jahr 200 im Umkreis der Stadt. Sie wurden bis 400 nach Christus genutzt.
Die Gangsysteme mit Nischengräbern in den Wänden sind insgesamt rund 170 Kilometer lang. Sie weisen zirka 400 Malereien und 41 000 Inschriften auf. „Es sind die ersten christlichen archäologischen Hinterlassenschaften in einer heidnisch-römischen Umwelt“, erläuterte Zimmermann.
Vor allem arme Mitglieder der christlichen Gemeinden wurden in den Wandnischen beigesetzt, und zwar unentgeltlich. Nur ein geringer Prozentsatz der Bestatteten waren reiche Römer. Sie leisteten sich aufwändige Gräber. Schon zu Lebzeiten konnten sie sich den Standort aussuchen.
Wo ein christlicher Märtyrer bestattet war, wurde zu dessen Verehrung eine Mensa für Kulthandlungen errichtet, später sogar eine Kapelle mit Altarblock.
Der Bilderkanon in den Katakomben umfasst rund 30 Motive. In der ersten Phase der Belegung waren sie noch heidnisch: So ist zum Beispiel der Sänger Orpheus zu sehen. In der antiken Mythologie steigt er in die Unterwelt hinab und kehrt zurück, so wie der auferstandene Christus. Bilder eines Schafträgers führen das paradiesisch verklärte Landleben der Antike vor Augen. Erst später wird er umgedeutet zum „Guten Hirten“ als Allegorie für Christus.
Beliebt war auch das Motiv des Totenmahls. „Das kann auch eine wilde Sauferei sein. Man sieht eine Dienerin, die herbeigerufen wird, um den Wein zu mischen“, erläuterte Zimmermann anhand einer der Wandmalereien. In einer späteren Phase wird das Totenmahl als sittsame, familiäre Tischgemeinschaft im Gedenken an den Verstorbenen dargestellt.
Auch biblische Szenen aus dem Alten und Neuen Testament kommen hinzu. Dabei geht es immer um Zeichen der Erlösung: Noah schickt nach der Sintflut die Taube aus, damit sie nach Land ausschaut. Moses erhält die Gesetzestafeln, Jona wird vom Seeungeheuer ausgespuckt, Elija fährt in den Himmel auf, die Magier beten Maria und das Kind an, Jesus heilt den Lahmen und den Blinden.
Die Szenen künden von der Heilsbotschaft und drücken den christlichen Wunsch nach Auferstehung und dem Wiedersehen im Jenseits aus, erläuterte Zimmermann. Meist seien die Verstorbenen selbst dargestellt. Bei zahlreichen Porträts können die Hinterbliebenen sogar direkten Blickkontakt zu ihnen aufnehmen.
Barbara Lang
Bild: „Misce mi – Mische mich“, heißt die lateinische Inschrift einer Wandmalerei in einer Katakombe Roms: Die verstorbene Irene will sich unter das Totenmahl der hinterbliebenen Familie mischen und wird mit offenen Armen dazu eingeladen. Foto: Zoepf