Im Liebfrauendom
München gedenkt der Opfer des Anschlags in ökumenischem Trauergottesdienst

Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung hat am Montagabend im Münchner Liebfrauendom ein ökumenischer Gedenkgottesdienst für die Opfer des Anschlags stattgefunden. Am Donnerstag war ein 24-jähriger Afghane mit seinem Auto in einen Demonstrationszug in der bayerischen Landeshauptstadt gerast. Dabei verletzte er mehr als 30 Personen. Eine 37-jährige Mutter und ihre zweijährige Tochter starben später im Krankenhaus.
Vertreter aus Politik und Gesellschaft, Angehörige der Opfer sowie Rettungskräfte waren zur Trauerfeier gekommen. Für die Verstorbenen wurden am Altar zwei Kerzen entzündet.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte zur Begrüßung, der Dom zu Unserer Lieben Frau sei seit über 500 Jahren ein christliches Gotteshaus, aber immer auch ein Haus für alle Münchner, besonders für die Verängstigten, Bedrohten, Verletzten, Verzweifelten und Trost Suchenden. Niemand sei ausgeschlossen, hier einen Ort zu finden, wo er seine Angst, seine Fragen, aber auch die Wut lassen könne.
Bayerns evangelischer Landesbischof Christian Kopp betonte in seiner Predigt, es sei gut, „dass wir Sprachlosen mit den Tränen in den Augen heute Abend hier zusammen sind“. Nie werde man vergessen, zu welchem Wahnsinn Menschen fähig seien.
Besonders berühre es, dass es sich um Kinder und Jugendliche gehandelt habe, die bei den Anschlägen in Aschaffenburg, München und im österreichischen Villach gestorben seien. „So eine irre Tat gegen unvorbereitete, unschuldige Menschen.“ Diese Traurigkeit, der Schock bleibe für immer bei den Angehörigen, Verletzten und Helfern.
„Wir bekommen solche Ereignisse nicht mehr aus unserem Gedächtnis“, fügte der Landesbischof hinzu. Sie verblassten vielleicht. Aber sie müssten in das eigene Leben integriert werden. Die Blumen und Kerzen, die viele Münchner am Anschlagsort niedergelegt hätten, trösteten. Denn dahinter stünden Menschen, die mitfühlten.
Ihn tröste auch, wie schnell die Menschen gehandelt hatten. Sofort hätten die Polizisten eingegriffen und noch Schlimmeres verhindert. Schnell seien die Rettungsdienste da gewesen, auch andere hätten geholfen.
Im Anschluss bezeichnete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Anschlag als feige, schändlich und verabscheuungswürdig. Den Angehörigen der toten Mutter und ihres Kindes sprach er sein Mitgefühl aus. Zugleich bekannte er, als Vater sei für ihn die größte Angst immer gewesen, dass seinen Kindern etwas passieren könne. Dass ihnen, als sie klein gewesen seien, die Chance auf die Zukunft genommen werde, die Hoffnung auf ein erfülltes Leben. Genau das sei nun anderen Menschen erneut passiert.
Hoffnung machten ihm aber die vielen Menschen, die Anteil nähmen an dem Leid der Verletzten und den beiden Todesopfern, sagte Söder. Es gebe so viele großartige Menschen mit Migrationshintergrund im Land. „Sie alle gehören zu Bayern. Sie alle bekennen sich zu unserem Land, sie alle leisten großartige Arbeit.“
Auch jedes Kind verdiene Chancen, Liebe und Fürsorge. „Das Böse, das wir bekämpfen, hat nichts mit Herkunft, Nationalität oder Religion zu tun“, betonte der Ministerpräsident und fügte hinzu: „Wir lassen es nicht zu, dasss die Gesellschaft gespalten wird, egal von welcher Seite.“
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, er habe allerhöchsten Respekt, dass die Angehörigen von Amel und Hafsa, der getöteten Mutter und ihrer Tochter, in ihrer schwersten Stunde die Kraft aufgebracht hätten, eine Botschaft zu formulieren. Darin heiße es, Amel sei ein Mensch, der sich für Gerechtigkeit eingesetzt habe, für Gleichheit und Arbeitnehmerrechte. Ihr sei es wichtig gewesen, ihrer Tochter diese Werte mitzugeben. So dürften Tod und Verlust nicht genutzt werden, um Hass zu schüren und politisch instrumentalisiert werden.
An die Trauergäste gewandte erklärte Reiter, wenn die Hinterbliebenen in der Lage seien, die Kraft zu finden, sich so deutlich gegen die Instrumentalisierung der Tat auszusprechen, „wie schwach und erbärmlich wären wir, wenn wir Politiker jetzt nicht in der Lage wären, die Migrationsdebatte sachlich, konstruktiv und vor allem menschlich zu führen“.
Der Innenausschuss des Bundestags will sich voraussichtlich am Donnerstag in einer Sondersitzung mit den Folgen des Anschlags von München befassen. Das teilte das Büro des SPD-Abgeordneten Lars Castellucci auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit.
KNA