Tiroler Volksheld, Tiroler Christ

Vor 215 Jahren hingerichtet: Aus religiösen Gründen leistete Andreas Hofer Widerstand gegen Napoleon

 — © Foto: Sammlung AR
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Am 20. Februar 1810 wurde Andreas Hofer in Mantua von französischen Soldaten erschossen.

Am 20. Februar jährt sich die Hinrichtung des Tirolers Andreas Hofer zum 215. Mal. 1810 in Mantua erschossen, steht Hofer bis heute für die Unabhängigkeit Tirols sowie den Widerstand gegen Napoleon und die bayerische Fremdherrschaft. Leben und Wirken des „Sandwirts“ aus St. Leonhard in Passeier waren untrennbar mit seinem christlichen Glauben verbunden: Er inspirierte nicht nur sein Handeln, sondern prägte auch die gesamte Freiheitsbewegung.

Zur Zeit Hofers war Tirol ein durch und durch katholisches Land. Das religiöse Leben war durch tief verwurzelte christliche Bräuche und Traditionen geprägt. Prozessionen und Wallfahrten waren selbstverständliche Bestandteile des Alltags. Die Jesuitenmissionen des 18. Jahrhunderts hatten in der Region eine starke Herz-Jesu-Verehrung etabliert. 1796 kulminierte die Frömmigkeit in einem feierlichen Landesgelöbnis, das Tirol symbolisch unter den Schutz des Heiligsten Herzens Jesu stellte.

Andreas Hofer erblickte am 22. November 1767 das Licht der Welt. Wie viele seiner Zeitgenossen wuchs er in einem gläubigen Elternhaus auf. Seine Familie lebte ihre Frömmigkeit nicht nur in der Kirche, sondern auch im Alltag. Hofer betete regelmäßig den Rosenkranz und entwickelte eine besondere Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu. Diese religiöse Verwurzelung prägte seine Persönlichkeit und sein späteres Wirken als Anführer des Tiroler Aufstands.

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Andreas Hofer auf einem zeitgenössischen Gemälde.

Kontrolle über die Kirche

Die Aufklärung brachte weitreichende Reformen, die das religiöse Leben beschnitten. Kaiser Josef II. (1741 bis 1790) verbot zahlreiche Bräuche wie Prozessionen und Wallfahrten, da er sie als hinderlich für die Modernisierung des Staates empfand. Während der Fremdherrschaft setzte der bayrische Minister Maximilian von Montgelas eine Politik durch, die religiöse Feste und Bräuche noch mehr einschränkte. Gleichzeitig erweiterte der Staat seine Kontrolle über die Kirche und griff in die religiöse Autonomie der Tiroler ein.

Bedrohte Identität

Diese Eingriffe verletzten nicht nur die religiösen Gefühle der Menschen, sondern bedrohten auch ihre kulturelle Identität. Für viele Tiroler, darunter Andreas Hofer, war die Verteidigung des Glaubens untrennbar mit der Verteidigung der Heimat verbunden. Die Unterdrückung des religiösen Bekenntnisses durch die als Besatzungsmacht wahrgenommenen Bayern wurde zu einem der Hauptgründe für den bewaffneten Widerstand.

„Für Gott, Kaiser und Vaterland“

Die religiöse Dimension wurde schließlich zu einem zentralen Aspekt des Tiroler Aufstands im Frühjahr 1809. Der Leitspruch „Für Gott, Kaiser und Vaterland“ brachte die Verbindung zwischen christlichem Glauben und Freiheitskampf zum Ausdruck. Andreas Hofer sah den Widerstand gegen die französisch-bayerische Herrschaft als heilige Pflicht an, die er mit großem Gottvertrauen und Eifer erfüllte.

Der durch seinen Geburtsort, den gleichnamigen Gasthof, als „Sandwirt“ bekannte Hofer brachte seinen Glauben nicht nur durch symbolische Handlungen zum Ausdruck, sondern auch in seinem Verhalten. Nach jedem militärischen Sieg feierte er Dankgottesdienste, und vor Schlachten empfing er die heilige Kommunion. Besondere Bedeutung hatte für ihn das Herz-Jesu-Fest, das er trotz der widrigen Umstände stets beging. Diese religiösen Rituale gaben ihm und seinen Mitstreitern Kraft und Orientierung.

Nach dem anfänglichen Erfolg der Aufständischen gegen die Besatzer zeigte sich Andreas Hofer während seiner kurzen Regentschaft in Innsbruck als politisch-religiöse Autorität. Er erließ Verordnungen, die das öffentliche Leben im Sinne eines voraufklärerischen Denkens ordnen sollten. Öffentliche Bälle wurden verboten, Speisen durften in Wirtshäusern während des Gottesdienstes nicht serviert werden. Frauen mussten züchtige Kleidung tragen. Es kam zu Ausschreitungen gegen Juden.

Politisch isoliert

Wenige Monate später siegte Napoleon im Juli 1809 in der Schlacht bei Wagram über die Österreicher. Spätestens mit dem Frieden von Schönbrunn im Oktober 1809 war Tirol politisch völlig isoliert. Hofer setzte den Widerstand fort, bis er nach der Niederlage in der dritten Schlacht am Berg Isel im November 1809 zur Flucht gezwungen wurde. Der Bauer Franz Raffl verriet Hofers Versteck auf der „Pfandleralm“ an französische Soldaten, die ihn am 28. Januar 1810 festnahmen.

 — © Foto: Archiv Südtiroler Schützenbund
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Den Südtiroler Schützen gilt Andreas Hofer bis heute als Vorbild und Held. Bei der Schützenkompanie St. Leonhard ziert das Bild des Freiheitskämpfers die Fahne.
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Vertreter des Südtiroler Schützenbundes erinnern in Mantua an die Hinrichtung Andreas Hofers.

Während der anschließenden Haft in Mantua im Norden Italiens fand Hofer Trost im Gebet. Vielleicht half ihm seine Religiosität, sein nun unabwendbares Schicksal mit Fassung zu tragen: Ein französisches Kriegsgericht verurteilte ihn zum Tode – das Urteil stand bereits vor Prozessbeginn fest. Am 20. Februar 1810 wurde es vollstreckt. Hofer trat mit einem Kruzifix in der Hand vor das Exekutionskommando – ein letztes Zeugnis seines Glaubens.

Glauben und Heimatliebe

Bis heute gilt Hofer in Tirol nicht nur als Freiheitskämpfer, sondern auch als Symbol für die Einheit von Glauben und Heimatliebe. Sein Kampf für die religiöse und kulturelle Identität Tirols hinterließ ein Vermächtnis, das weit über seine Zeit hinausreicht: Albino Luciani, der spätere Papst Johannes Paul I., würdigte Hofer 1974 als Vorbild für Glauben und Entschlossenheit in schwierigen Zeiten. In einem Brief an den „lieben Andreas Hofer“ schrieb er, er wünschte sich, „dass Euer menschliches und christliches Heldentum in und außerhalb Tirols Schule macht“.

Andreas Raffeiner

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