Sonderveröffentlichung
Mit meinem Erbe Gutes tun

Das perfekte Testament
Nach der Trauer kommt der Streit. Zumindest ist das in einigen Familien so, wenn das Erbe verteilt werden soll. Damit es dazu nicht kommt, sollte ein Testament vorhanden sein. Das kann – rein theoretisch – jeder selbst verfassen. Davon rät die Münchner Fachanwältin Daniela Pinker-Leonpacher allerdings ab. Warum man damit oft erst recht Streitigkeiten provoziert, erklärt sie im Interview.
Frau Pinker-Leonpacher, muss man wirklich einen Juristen zurate ziehen, wenn man ein Testament aufsetzen will?
Theoretisch kann man auch ohne juristischen Rat ein Testament verfassen, aber ich würde das nicht empfehlen, weil es einfach viele rechtliche Unklarheiten und Fallstricke gibt. Im schlimmsten Fall ist ein alleine aufgesetztes Testament entweder aus formalen Gründen nicht wirksam oder es gibt inhaltliche Unklarheiten, dann ist es „auslegungsbedürftig“, und das Gericht muss den letzten Willen klären. Den Verfasser kann man ja nicht mehr fragen, was er gemeint hat. Je klarer und wasserdichter die Formulierung, desto geringer ist der Streit bei der Auslegung.
Können Sie kurz erläutern, wann ein Testament „auslegungsbedürftig“ ist?
Da gibt es viele verschiedene Gründe. Die Ursache ist aber immer, dass das Testament unklar formuliert wurde – also aus rechtlicher Sicht. Ein Beispiel: Ein Vater schreibt in seinem selbst verfassten Testament, seine Tochter soll die Firma erben und der Sohn das Haus. Die Firma ist fünf Millionen Euro wert, das Haus nur 1,5 Millionen – damit wäre das Erbe nicht wertgleich verteilt. Ob der Vater das wollte, ist fraglich. Solche Unklarheiten bedeuten in der Regel Streit.
Wenn ich mein Testament aber doch lieber alleine im stillen Kämmerlein schreiben will, worauf muss ich unbedingt achten?
Für Testamente gibt es einige Mindestvoraussetzungen. Wenn man es ohne Notar rechtsgültig aufsetzen will, muss es komplett handschriftlich und unterschrieben sein. Außerdem sollten Ort und Datum darauf festgehalten werden, um nach dem Tod feststellen zu können, welcher wirklich der letzte Wille ist, falls weitere Testamente auftauchen. Empfehlenswert ist außerdem: mit vollem Namen unterschreiben! Bei einem mehrseitigen Testament sollte jede Seite mit Seitenziffer, Datum und Unterschrift versehen sein, um Austauschgefahr zu vermeiden.
Was gehört denn alles ins Testament? Geht es da nur um den materiellen Nachlass, oder auch um andere Dinge?
Grundsätzlich gibt es nichts, was nicht ins Testament rein darf, es kommt halt darauf an, was man alles noch regeln oder mitteilen möchte. Aus praktischer Sicht sollte es so umfassend wie nötig und klar formuliert sein. Ich kann mein Vermögen – bis auf den möglichen Pflichtteil – auch an „bedürftige Menschen“ geben. Dann sollte ich aber reinschreiben, was genau ich damit meine.
Von der charmanten Idee eines Testaments auf dem Bierdeckel sollte man sich also besser verabschieden?
Solange ein Bierdeckel-Testament die Mindestanforderungen erfüllt, ist es prinzipiell gültig: also, handschriftlich, Datum, Unterschrift. Ich würde aber auch davon eher abraten, denn außer, dass es witzig klingt, löst es die Probleme, die ein Testament lösen soll, in der Regel nicht, weil man auf einem kleinen Bierdeckel kaum sauber, also zweifelsfrei, juristisch formulieren kann.
Interview: Daniel Staffen-Quandt