Papst Franziskus sorgt sich um Religionsfreiheit

Weltweit wächst die Kritik an dem umstrittenen Gesetz, das in der Ukraine das Verbot der moskaunahen Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) ermöglicht. Nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj es am Wochenende unterzeichnet hatte, sagte Papst Franziskus am Sonntag beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz in Rom, er fürchte um die Religionsfreiheit.

Beten sei kein Verbrechen, betonte der Papst. Man solle jeden Menschen, der beten wolle, beten lassen, und zwar in der Kirche, die er als seine Kirche ansehe. „Bitte, keine christliche Kirche sollte direkt oder indirekt verboten werden“, forderte der Papst weiter: „Kirchen sind unantastbar!“

Das Gesetz sieht vor, dass neun Monate nach Inkrafttreten Gerichte Gemeinden und andere Kirchenstrukturen einzeln verbieten können, wenn sie mit Russland verbunden sind oder die Ideologie der „Russischen Welt“ verbreiten. Die UOK als Ganze kann nicht in einem einzigen Gerichtsverfahren komplett aufgelöst werden, weil sie keine juristische Person ist.

Kritik kam am Wochenende auch vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK). In einem von Heinrich Bedford-Strohm, dem Vorsitzenden des Zentralausschusses, und Generalsekretär Jerry Pillay unterzeichneten Schreiben hieß es, man sei „zutiefst beunruhigt über die Möglichkeit einer ungerechtfertigten kollektiven Bestrafung einer ganzen Religionsgemeinschaft und einer Verletzung der Grundsätze der Religions- und Glaubensfreiheit im Rahmen eines neuen Gesetzes“.

Der Weltkirchenrat appellierte außerdem an die ukrainische Regierung, bei „Maßnahmen, die das Grundrecht auf Religions- und Glaubensfreiheit verletzen und den sozialen Zusammenhalt untergraben könnten, in dieser Zeit des nationalen Notstands Vorsicht walten zu lassen“. Man nehme das sechsstufige Verfahren, das einem Verbot vorgeschaltet ist, zur Kenntnis. Bei einer Untersuchung müsse aber ein fairer und unvoreingenommener Ansatz verfolgt werden.

Allerdings betonte der ÖRK auch, die Regierung der Ukraine habe das Recht und die Verantwortung, die territoriale Integrität des Landes zu verteidigen und seine Bürger zu schützen, insbesondere angesichts der illegalen Invasion und der bewaffneten Aggression Russlands.

Vor allem darauf beruft sich Präsident Selenskyj. Er betonte am Samstag, das Gesetz befreie die ukrainische Orthodoxie von „den Moskauer Teufeln“. In der Ukraine wurden seit 2022 mehrere Dutzend Geistliche der UOK wegen Spionage für den russischen Geheimdienst und Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verurteilt. Das neue Gesetz wird auch vom Oberhaupt der größten mit Rom verbundenen Kirche in der Ukraine, dem griechisch-katholischen Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, verteidigt. Er erklärte, Russland habe die mit Moskau verbundene Kirche in der Ukraine als ein Werkzeug der Militarisierung benutzt.

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. rief am Samstag die Oberhäupter der orthodoxen Kirchen zum Protest gegen das umstrittene Gesetz auf. Entsprechende Briefe richtete der enge Verbündete von Kreml-Chef Wladimir Putin auch an Papst Franziskus und Repräsentanten anderer Konfessionen. Das Oberhaupt der armenisch-apostolischen Kirche, Katholikos Karekin II., und der griechisch-orthodox Patriarchen von Antiochien, Johannes X. Yazigi, verurteilten das Gesetz ebenfalls.

Das ukrainische Parlament hatte am 20. August grünes Licht für ein Verbot von Gliederungen der UOK gegeben, die mit dem Moskauer Patriarchat verbunden sind. Die Regierung warf der Kirche unter dem Kiewer Metropoliten Onufrij vor, ihre Bindung an die russisch-orthodoxe Kirche nicht aufgelöst zu haben und in Russlands Angriffskrieg ein Einflussinstrument Moskaus in der Ukraine zu sein. Die Kirche hatte sich im Mai 2022 vom Moskauer Patriarchat losgesagt und weist die Anschuldigungen zurück.

KNA

expand_less