Bayerische Landesausstellung zeigt kostbare Exponate

Reise ins frühe Mittelalter

 — © Foto: Paulus
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Bayerns Bären: In der Bayerischen Landesausstellung in Freising ist „Problembär“ Bruno (vorne) zu sehen. Das Bild des spätmittelalterlichen Malers Jan Polack erzählt, wie der Bistumsheilige Korbinian zum Attribut Bär gekommen ist.

Nicht nur das Bistum Augsburg feiert in diesem Jahr das Ulrichsjubiläum, auch die Nachbardiözese, das Erzbistum München und Freising, hat Anlass zur Freude. Denn der Tradition nach soll vor 1300 Jahren der heilige Korbinian der erste Bischof von Freising geworden sein. Das Jubiläum 724-2024 wird vielfältig begangen, vor allem durch die große Bayerische Landesausstellung „Tassilo, Korbinian und der Bär“. Deren Exponate werden im neurenovierten Diözesanmuseum auf dem Freisinger Domberg bis in den frühen November zu sehen sein. 

Schon 1724 war die alte Bischofsstadt Freising in Feierlaune. Anlässlich des Tausendjahrfests bekam der Dom in Freising sein „barockes Gesicht“ mit den berühmten Fresken von Cosmas Damian Asam zum Leben und Wirken des Missionars Korbinian. Dieser kam – vielleicht aus Frankreich, vielleicht aus Südtirol – ins damalige Bayern, wo das Geschlecht der Agilolfinger regierte. Im Jahr 788 wurde dann Tassilo, der letzte Herzog aus diesem Geschlecht, von Karl dem Großen abgesetzt. Tassilo erhielt eine Tonsur, wurde damit ein Geistlicher. Für ihn gab es kein Zurück mehr nach Bayern. Seine Spur verliert sich in einem Kloster in der Normandie. Das achte Jahrhundert steht im Zentrum der Bayerischen Landesausstellung. Prächtige Stücke werden gezeigt, einige davon zum ersten Mal.

Christianisierung

Es sind zwei große Erzählstränge, die in der Bayerischen Landesausstellung verfolgt werden: Der eine betrifft die „Christianisierung“ oder besser gesagt: die zunehmende kirchliche Durchdringung und Katholisierung Bayerns, denn die meisten Bayern im frühen Mittelalter waren bereits Christen. In dieser Zeit wurden kirchliche Strukturen aufgebaut, die nicht selten über ein Jahrtausend Bestand hatten.

Der zweite Erzählstrang widmet sich dem Leben und Wirken der Agilolfingerherzöge bis zum Schicksalsjahr 788: Herzog Theodo wird vorgestellt, der schon Anfang des achten Jahrhunderts den Plan verfolgte, mithilfe des Papstes Bayern in Diözesen zu gliedern. Sein Nachfolger Odilo gründete das berühmte Kloster Niederaltaich an der Donau. Überhaupt wurde im frühen Mittelalter das monastische Netz im heutigen Süddeutschland immer dichter gezogen. Es entstand das bayerisch-schwäbische „Klösterreich“. Aus der Diözese Augsburg sind etwa Ottobeuren, Kempten, Wessobrunn oder Benediktbeuern als frühe Klostergründungen zu nennen.

Der berühmteste Agilolfingerherzog ist zugleich der letzte Herzog aus diesem Geschlecht: Tassilo III., verheiratet mit der langobardischen Prinzessin Liutpirc. Das bedeutendste Stück der sogenannten tassilonischen Hofkunst, vielleicht das berühmteste Stück des Frühmittelalters überhaupt, ist nach über 1000 Jahren erstmals wieder für einige Zeit in Bayern zu sehen: der Tassilo-Liutpirc-Kelch aus Kloster Kremsmünster.

Der Kelch erstrahlt

Dieses Spitzenobjekt der Kunstgeschichte wird in der Ausstellung wie ein Gral präsentiert. Im Hintergrund läuft eine große Projektion, welche die Zuschauer in die Wunderwelt des Kelchs mit seiner Christus- und Mariendarstellung und den verschlungenen Greiftieren eintauchen lässt. Dann ist es wieder dunkel im Raum. Nur der Kelch mit seiner berühmten Inschrift erstrahlt: „Tassilo dux fortis. Liutpirc virga regalis“ – Tassilo, tapferer Herzog. Liutpirc aus königlichem Stamm.

Die Diözese Augsburg spielt eine prominente Rolle in der Ausstellung. So ist die älteste Kirchenglocke Deutschlands zu sehen und zu hören. Sie stammt aus der Gegend von Murnau und wurde im achten Jahrhundert gefertigt. Oder die prächtigen Schätze aus einem Bubengrab (Mattsies im Unterallgäu) werden erstmals überhaupt der Öffentlichkeit gezeigt. Daneben die weltberühmten frühmittelalterlichen Klerikerfunde aus St. Ulrich und Afra in Augsburg. Dann eine Fibel aus Nordendorf, die auf der Rückseite eine rätselhafte Runen­inschrift aufweist. War die Trägerin, die mit dieser Schließe ihr Gewand zusammenschloss, noch Anhängerin heidnischer Riten, die ihre Überzeugungen aber verstecken musste?

Nicht nur die Geschichten der Mächtigen werden in der Ausstellung erzählt. Auch in den Alltag der „normalen Bevölkerung“ wird geblickt. So werden die in Süddeutschland einzigartigen Spielsteine aus Leipheim präsentiert. Ein zweifellos besonders schönes Stück hat einen längeren Weg auf sich genommen – das Scheibenreliquiar aus dem hessischen Fritzlar. Es enthält den sogenannten Kamm des berühmtesten aller Missionare: Bonifatius. Mit dem liturgischen Kamm ist der Brauch verbunden, dass sich frühmittelalterliche Geistliche vor Beginn der Messfeier böse Gedanken aus der Stirn wischten. Ingrid Paulus

Information

Die Bayerische Landesausstellung in Freising ist bis zum 3. November täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet.

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