Nach der Bundestagswahl
Kirchen hoffen auf verantwortungsvolle Regierungsbildung

Spitzenvertreter der katholischen und evangelischen Kirche hoffen nach der Bundestagswahl auf eine zügige und verantwortungsvolle Regierungsbildung. Zugleich zeigten sie sich besorgt mit Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Nun müssten die demokratischen Kräfte zum Wohl der Bürger zusammenarbeiten, forderte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Sonntagabend. „Das heißt zuhören, einander verstehen und konstruktiv um gerechte Lösungen ringen und zu Kompromissen bereit sein.“
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, sagte: „Jetzt nach der Wahl stehen die Parteien der demokratischen Mitte vor der anspruchsvollen Aufgabe, mit diesem Wahlergebnis konstruktiv und verantwortungsvoll umzugehen.“ Sie hoffe, dass eine neue Regierung die politischen Rahmenbedingungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein weltoffenes Deutschland stärke, „ein Deutschland, in dem Menschenwürde und wechselseitiger Respekt zählen“.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sagte der Plattform domradio.de: „Angesichts der Herausforderungen, vor denen unser Land, Europa und im letzten die ganze Welt stehen, hoffe ich, dass es zügig zur Bildung einer neuen Bundesregierung kommt, die dann maßvoll und klug die politischen Probleme unserer Zeit angeht, den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert und allen Tendenzen von Spaltung und Polarisierung wirksam entgegentritt.“
Dem am Montagmorgen von der Bundeswahlleiterin veröffentlichten vorläufigen Ergebnis zufolge kommt die Union auf 28,6 Prozent der Stimmen, gefolgt von der AfD mit 20,8 Prozent, dahinter die SPD (16,4 Prozent), Grüne (11,6 Prozent) und Linke (8,8 Prozent). Ob das BSW es knapp ins künftige Parlament schafft, ist offen (derzeit 4,97 Prozent). Die FDP scheitert mit 4,3 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde.
Die Zunahme der Stimmenanteile für die AfD nannte der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz ein ernstzunehmendes Warnsignal für die Demokratie. Das Ergebnis dürfe keinesfalls als bloß statistische Entwicklung abgetan werden. „Vielmehr erfordert es ein entschlossenes Handeln von Politik, Zivilgesellschaft und jedem Einzelnen, um den schleichenden Einfluss extremistischer Positionen wirksam zu begrenzen und die demokratischen Werte zu verteidigen“, sagte Benz.
„Hoffentlich bleiben wir gesellschaftlich beieinander und überwinden die Gräben, die sich in den letzten Wochen gezeigt haben“, erklärte der Hamburger Erzbischof Stefan Heße. Er wünsche sich eine Regierung, die die Zukunftsthemen des Landes wie Wirtschaft, Umwelt und Leben in Würde mutig angehe. „Aus meiner christlichen Perspektive müssen soziale Gerechtigkeit und die Integration der Menschen, die zu uns kommen, einen festen Platz auf der politischen Agenda haben“, sagte Heße, der auch Flüchtlingsbischof der Bischofskonferenz ist.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gratulierte CDU-Chef Friedrich Merz zum Wahlsieg. „In Zeiten einer besorgniserregenden Fragmentierung der Gesellschaft brauchen wir in Deutschland jetzt einen Kanzler, der eint. Der europäisch denkt. Und der einem vielfältigen Land mit großen Herausforderungen Hoffnung gibt“, sagte die Präsidentin des Laien-Dachverbands, Irme Stetter-Karp, auf Anfrage. Zugleich betonte sie: „Wer Zukunft will, darf in dieser Situation nicht zurück in die Vergangenheit. Nicht bei der Klimapolitik. Nicht bei der Wirtschafts- und auch nicht bei der Sozialpolitik.“
Ausdrücklich würdigten die Kirchenvertreter die stark gestiegene Wahlbeteiligung. Nach dem vorläufigen Ergebnis lag sie bei über 82,5 Prozent (2021: 76,4 Prozent). Die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sprach von einem ermutigenden Zeichen für eine lebendige Demokratie.
KNA