Letzter Ottone auf dem Kaiserthron starb vor 1000 Jahren
Heinrich II: Streitbarer Bruder der Bischöfe

Am 13. Juli 1024 starb Kaiser Heinrich II. in der Pfalz Grona bei Göttingen. Der im Bamberger Dom bestattete Herrscher wird widersprüchlich beurteilt. Den einen gilt er als kriegerischer und unbarmherziger König der Konflikte, die anderen sehen in ihm den friedliebenden und fürsorglichen Heiligen.
Der Sohn des bayerischen Herzogs Heinrich der Zänker wurde am 6. Mai 973 geboren. Er erhielt Unterricht im Lesen, Schreiben und der lateinischen Sprache an der Hildesheimer Domschule. Den letzten Schliff verpassten ihm Bischof Wolfgang von Regensburg und Abt Ramwold von Sankt Emmeram. Heinrich war somit bestens auf eine geistliche Laufbahn vorbereitet.
Doch es kam anders: 995 trat der hochgebildete Heinrich die Nachfolge seines Vaters im Herzogtum Bayern an. Nachdem Kaiser Otto III. 1002 mit 21 Jahren unerwartet und kinderlos gestorben war, beschloss sein Vetter Heinrich, dessen Nachfolger zu werden. Im bayerischen Polling empfing er den vom Kölner Erzbischof Heribert angeführten kaiserlichen Leichenzug und brachte die mitgeführten Herrscherinsignien an sich. Nur die Heilige Lanze fehlte.
In Mainz gekrönt
Den vom Mainzer Erzbischof Willigis unterstützten Heinrich wählten die „Großen“ Bayerns und Frankens zum König der Ostfranken. Anschließend salbte und krönte ihn Willigis im Mainzer Dom. Bei Nachwahlen bestätigten die Großen Thüringens und anschließend die Sachsens in Merseburg Heinrichs Königtum und übergaben ihm die Heilige Lanze.
Nicht nur die Heilige Lanze griff Heinrich sich: Er war auch schnell bereit, zu echten Waffen zu greifen. Im Bündnis mit den heidnischen Liutizen führte er gegen den christlichen polnischen Herzog Boleslaw Chrobry drei Kriege. In Italien lag er im Krieg, um die Königskrone des Landes zu erlangen. Bischof Brun von Querfurt warnte ihn: „Sei auf der Hut, o König, wenn du immer alles mit Gewalt machen willst, niemals aber mit Barmherzigkeit.“
Ohne Rücksicht auf hergebrachte Wahlrechte setzte Heinrich Bischöfe ein. Dabei bewies der Herrscher, der sich als Bruder der Bischöfe und Vater der Mönche sah, jedoch großes Geschick. Zu den 64 von ihm berufenen Bischöfen gehören etliche, die ein Segen für ihr Bistum waren: etwa Meinwerk von Paderborn, Godehard von Hildesheim oder Aribo von Mainz, Poppo von Trier und Pilgrim von Köln.

Heinrichs enge Verbundenheit mit der Geistlichkeit offenbart sich auch darin, dass er Mitglied der Domkapitel von Bamberg, Magdeburg und Paderborn war. Mit größter Selbstverständlichkeit mischte er sich in kirchliche Angelegenheiten ein. So ordneten am 1. August 1022 auf der Synode von Pavia Heinrich II. und Papst Benedikt VIII. das generelle Heiratsverbot der Priester an.
Verpflichtender Zölibat
Der Zölibat war zuvor ein eher freiwilliger Verzicht gewesen. Nun wurde er als Teil der Kirchenreform, die auch den Ämterkauf (Simonie) und die Vetternwirtschaft (Nepotismus) bekämpfte, verpflichtend eingeführt. Zu Heinrichs Zeit waren viele Priester verheiratet. Und so bestand die Befürchtung, dass diese sich zugunsten ihrer Familien Kirchenbesitz aneignen.
In Merseburg, das Heinrich so oft wie keinen anderen Ort seines Reiches besuchte, begründete er 1004 das 24 Jahre zuvor aufgelöste Bistum erneut. Noch immer ist Heinrich II. am und im Merseburger Dom mit gemalten, geschnitzten oder in Stein gehauenen Darstellungen gegenwärtig. Der von ihm zum Bischof ernannte Thietmar von Merseburg verfasste eine Chronik, die als wichtigste Quelle für die Zeit der Ottonen gilt, deren letzter Herrscher Heinrich II. war.
Eine harmonische Ehe
Mit seiner Gattin Kunigunde führte der streitbare Heinrich eine harmonische Ehe. 1002 ließ er sie in Paderborn von Erzbischof Willigis krönen. Die Ortswahl erstaunt, weil Paderborn nach einer Feuersbrunst eine Ruinenstadt war. Eine weitaus prächtigere Krönungskulisse bot Rom, wo Papst Benedikt VIII. das Paar 1014 zu Kaiser und Kaiserin erhob. Heinrich betrachtete Kunigunde als Mitregentin von Gottes Gnaden.
Diese Sicht veranschaulicht das Krönungsbild des Perikopenbuchs, das Heinrich im Skriptorium des Klosters Reichenau in Auftrag gab: Christus setzt dem von Petrus und Paulus zu ihm geleiteten Herrscherpaar synchron die Kronen auf. In den von Heinrich diktierten Urkunden nennt er seine Kunigunde „geliebteste Königin“, „allerliebste Gemahlin“ oder „meine liebe Bettgefährtin“.
Die Ehe des kränklichen, von den Zeitgenossen als „hüftlahm“ bezeichneten Heinrich blieb jedoch ohne Nachwuchs. Kinderlosigkeit war für ein Herrscherpaar die größte aller denkbaren Katastrophen. Heinrich und Kunigunde münzten sie jedoch mit tatkräftiger Unterstützung durch die Bamberger Geistlichkeit zu ihrem bis heute anhaltendem glanzvollem Andenken um.
Mit Zustimmung des Papstes gründete Heinrich 1007 das Bistum Bamberg. Er und Kunigunde bedachten es mit Ländereien und Einkünften, wertvollen Bilderhandschriften, edlen liturgischen Gewändern und kostbarem Messgerät. Als Gegenleistung erwarteten sie ewiges Gebetsandenken der Bistumsgeistlichen. Die revanchierten sich obendrein, indem sie sich erfolgreich für die Heiligsprechung des Kaiserpaares einsetzten.
Papst Eugen III. sprach Heinrich 1146 heilig. Papst Innozenz III. kanonisierte Kunigunde 1200. Neben den frommen Stiftungen war in beiden Fällen der Hauptgrund, dass Kaiser und Kaiserin wie der katholischen Tradition zufolge die Gottesmutter Maria und ihr Josef eine stets keusche Ehe geführt haben sollen. Dies beweise, glaubte man, ihre Kinderlosigkeit.
Bestattet ist das heilige Kaiserpaar im Bamberger Dom. Sie ruhen an einem Ende des Mittelschiffs in einem prachtvollen Hochgrab aus Marmor, das Tilman Riemenschneider und Werkstattgehilfen 1499 bis 1513 geschaffenen haben. Die Schädelreliquien von Heinrich und Kunigunde findet man unter Glas in der Häupterkapelle des Doms.
Veit-Mario Thiede