Religionssoziologe:

Feiertage brauchen sozialen Anschluss

 — © Symbolfoto: gem
Symbolfoto: gem
Eine Osterkerze.

Für den Leipziger Religionssoziologen Gert Pickel bleiben Feiertage dann relevant, wenn sie über ihren religiösen Ursprung hinaus sozial anschlussfähig sind. Das sei vor allem bei Weihnachten der Fall, nicht so sehr bei Ostern. „Es spricht sozial nicht so an“, sagte Pickel dem Portal katholisch.de (Donnerstag).

Der Karfreitag sei vor allem in der evangelischen Tradition „sehr düster“, was für Kinder und Jugendliche nicht besonders anregend und erhebend sei. Dennoch bemühen sich seiner Meinung nach viele Pfarrer, die Gottesdienste an Ostern fröhlicher zu gestalten und im Anschluss für Geselligkeit zu sorgen. „Dann kann man zu den Menschen aufschließen. Aber an Ostern geht es eigentlich noch, da ist vielen Menschen der Wert noch bewusst“, so Pickel. Mit anderen Feiertagen wie etwa dem Reformationstag und Fronleichnam würden viel weniger Menschen heutzutage noch etwas verbinden.

Weihnachten hingegen sei in der Gesellschaft besonders beliebt. „Das ist ein Familienfest, zu dem auch Menschen kommen, die seit Generationen mit Glaube oder Kirche nichts mehr zu tun haben – um sich im Ernstfall das Krippenspiel mit den Enkeln anzuschauen. Das Setting als Familienfest ist hier das Erfolgsmodell“, so der Religionssoziologe. Wenn der soziale Bezug ausbleibe, lasse das Interesse an den Feiertagen schnell nach.

Neben einem mangelnden Interesse gebe es heute aber auch einen Sozialisationsbruch: „Die Verbindung zu Kirche und Glaube wird nicht mehr von Generation zu Generation weitergegeben, man weiß damit nichts mehr anzufangen. Deshalb fehlt den Leuten auch nichts, wenn sie nicht in die Kirche gehen“, so Pickel.

Zu Vorschlägen, religiöse Feiertage aus wirtschaftlichen Gründen abzuschaffen, sagte er: „Das ist ein Gradmesser der Säkularisierung. Denn dabei geht es ja gerade um einen sozialen Bedeutungsverlust, nicht nur um eine geringer werdende Kirchenbindung.“ Diese Diskussionen nähmen zu, während es für Politiker immer unattraktiver werde, sich für christliche Feiertage einzusetzen. „Da werden Feiertage dann auch gern mal geopfert – oder wie in Berlin beim Weltfrauentag säkulare Akzente gesetzt“, so Pickel.

KNA

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