Tag der Organspende in Freiburg

„Eine Tat der Nächstenliebe“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (Mitte) posiert mit Organtransplantierten, die auf den Schildern angeben, wie lange sie schon mit einem Spenderorgan leben. Lauterbach ist Schirmherr der Aktion. (Foto: Dariusz Misztal)
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (Mitte) posiert mit Organtransplantierten, die auf den Schildern angeben, wie lange sie schon mit einem Spenderorgan leben. Lauterbach ist Schirmherr der Aktion. (Foto: Dariusz Misztal)

Seit 1983 findet in Deutschland stets am ersten Samstag im Juni der „Tag der Organspende“ statt. Die Veranstaltung soll die Themen Transplantation und Organspende ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit heben. Der Tag wird jeweils in einer anderen deutschen Großstadt begangen. In diesem Jahr ist es Freiburg im Breisgau.

Im Zentrum der Veranstaltung stehen die Selbsthilfegruppen der Transplantierten. Sie informieren über ihre Erfahrungen mit Organspenden und transplantierten Organen. Und sie sagen symbolisch „Danke“ – dafür, dass das Spenderorgan eines anderen Menschen ihr eigenes Leben gerettet, ihnen gewissermaßen ein neues Leben geschenkt hat.

„Für ein Gruppenfoto stellen sich Transplantierte auf, halten ein gelbes Blatt mit einer Zahl in die Kamera. Die Zahl gibt an, wie viele Lebensjahre diese Transplantation ihnen bisher geschenkt hat“, schildert der Regensburger Klinikseelsorger Klaus Schäfer SAC, der an der Vorbereitung des Tags der Organspende beteiligt ist. Zweistellige Jahreszahlen machten deutlich, dass man mit Spenderorgan noch lange leben kann.

Leben ermöglicht

Das Thema Organspende ist Schäfer ein Herzensanliegen. 2015 brachte er den Sammelband „25 x 25 geschenkte Jahre“ heraus, 2021 den Nachfolger „21 x 25 geschenkte Jahre“. Darin berichten Organ-Empfänger über ihre Erkrankung, die Transplantation und über 25 bis 40 Lebensjahre, die die Spender­organe ihnen ermöglichten. „Beide Sammelbände geben ein deutliches Zeugnis, welches Potenzial in einer Organtransplantation steckt“, sagt Schäfer. 

„Die benötigten Organe können nicht ‚produziert‘ werden. Sie müssen gespendet werden“, macht der Pallottiner, der auch Autor dieser Zeitung ist, deutlich. „Bei Niere und Leber besteht unter Verwandten die Möglichkeit einer Lebendspende“. Der Spender gibt also eine seiner beiden Nieren oder einen Teil seiner Leber an den Patien­ten ab. Im vergangenen Jahr waren von 3646 transplantierten Organen 658 Lebendspenden – also 18 Prozent.

Rund 82 Prozent waren „postmortale Spenden“. In solchen Fällen muss zunächst der Hirntod festgestellt werden. „Meist reißt ein plötzliches Ereignis den Betroffenen mitten aus dem Leben“, sagt Pater Klaus Schäfer. 2023 war es bei gut 40 Prozent eine massive Hirnblutung, bei knapp 30 Prozent eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff – etwa durch Herzstillstand. Auch ein Schädelhirntrauma oder ein Hirninfarkt können zum Hirntod führen.

Ein Mann betrachtet einen Organspendeausweis. (Foto: KNA)
Ein Mann betrachtet einen Organspendeausweis. (Foto: KNA)

Gerade die Hirntod-Thematik ist umstritten. Der teils massiven Kritik auch unter Christen zum Trotz bezeichnen die beiden großen christlichen Kirchen die Organspende seit mehr als 30 Jahren regelmäßig als „eine Tat der Nächstenliebe“. Benedikt XVI. nannte sie 2008 „eine besondere Form des Zeugnisses der Nächstenliebe“. Und Papst Franziskus sprach 2019 von einen „Akt der sozialen Verantwortung“ und einem „Ausdruck der universellen Geschwisterlichkeit“.

Von den über 2500 möglichen Organspendern, bei denen im vergangenen Jahr der Hirntod diagnostiziert wurde, erfolgte bei 1306 eine Zustimmung zur Organspende. 1215 lehnten ab. Bei rund 30 Prozent der möglichen Organspender lag eine vorherige schriftliche Einwilligung des Hirntoten zur Organentnahme vor. Die Ablehnung wurde dagegen bei über 70 Prozent der Fälle durch die Hinterbliebenen ausgesprochen. 

„Dies ist ein Widerspruch zu den Ergebnissen von repräsentativen Umfragen, wonach 80 bis 85 Prozent der Menschen für die Organspende stimmen“, betont Schäfer. „Damit die Hinterbliebenen keine Entscheidung treffen, die dem eigenen Willen widerspricht, sollte jeder seine Entscheidung selbst fällen“, meint der Pater. „Dies ist gelebte Selbstbestimmung.“ Als Klinikseelsorger empfehle er: „Lieber einen Organspendeausweis mit Nein als keinen Organspendeausweis.“ ks/red

Information

Der „Tag der Organspende“ beginnt vormittags mit einem ökumenischen Gottesdienst. Ab 12 Uhr folgt ein buntes Programm. Infos im Internet: www.tagderorganspende.de . Die beiden Bücher von Pater Klaus Schäfer können kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden:www.schaefer-sac.de/wiki/index.php?title=Freebooks 

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