Franziskus in Singapur

Die Ungleichheit der Welt vor Augen

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Papst Franziskus posiert für ein Gruppenbild bei einer interreligiösen Begegnung mit Jugendlichen an einer katholischen Schule am 13. September 2024 in Singapur.

Von einem der ärmsten Länder der Erde in eine der wichtigsten Finanzmetropolen: Eindrücklich zeigt Papst Franziskus bei seiner Asien-Pazifik-Reise die Einkommens- und Vermögensungleichheit der Welt auf. Das letzte Gastland Singapur ist reich, die Einwohner im zuvor besuchten Osttimor leiden unter Armut.

Doch werden die Kontraste nicht nur durch Hochhäuser versus einfache Hütten deutlich. In dem 5,6-Millionen-Einwohner-Staat Singapur steht alles im Zeichen des bevorstehenden Formel-1-Rennens, der Papstbesuch bleibt weitgehend unbeachtet. Nach Zehntausenden Menschen an den Straßen von Osttimors Hauptstadt Dili finden sich nur kleine Gruppen nahe der von Franziskus besuchten Orte in Singapur.

Dieser absolvierte am Donnerstagmorgen (Ortszeit) Höflichkeitsbesuche bei Präsident Tharman Shanmugaratnam und Ministerpräsident Lawrence Wong. Beide gehören der Partei People’s Action Party an, die den Stadtstaat seit seiner Eigenständigkeit 1965 ununterbrochen regiert – Singapur ist faktisch ein Einparteienstaat mit einigen wenigen Abgeordnetensitzen für die Opposition. Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt, in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt das Land Platz 126 von 180. Die Vollstreckung der Todesstrafe wurde im Jahr 2022 wieder aufgenommen.

Dennoch findet der Papst in seiner Rede vor den Autoritäten vornehmlich lobende Worte. Die in diesem Jahr bereits dreimal vollzogenen Hinrichtungen wegen Drogendelikten erwähnt er nicht. Doch macht er auf die Situation der Wanderarbeiter aufmerksam und fordert soziale Gerechtigkeit für alle.

Franziskus würdigt das hohe Entwicklungsniveau, den Einsatz für Nachhaltigkeit, die Dynamik der Gesellschaft und den Scharfsinn des Unternehmergeistes ebenso wie den konstruktiven Dialog, den gegenseitigen Respekt und die Zusammenarbeit der verschiedenen Ethnien, Kulturen und Religionen.

Mit 75 Prozent stellen Chinesen die Mehrheit der Bevölkerung, gefolgt von Malaien mit knapp 14 Prozent und Indern mit neun Prozent. 31 Prozent der Bewohner sind Buddhisten, etwa 20 Prozent haben keine Religionszugehörigkeit, zum Christentum bekennen sich knapp 19 Prozent, 395.000 Katholiken gibt es in Singapur.

Viele von ihnen kamen am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) in das Nationalstadion des Landes – auch aus dem benachbarten Malaysia. Bereits nach kurzer Zeit waren die Tickets für die Papstmesse vergriffen.

Vor den rund 50.000 Menschen setzt das 87 Jahre alte Kirchenoberhaupt ein klares Statement für Verbindendes inmitten großer Ungleichheit – Franziskus betont die Liebe, ohne die nichts möglich sei: „Sie antwortet hochherzig auf die Nöte der Armen und sie wird gekennzeichnet durch Mitleid für die Leidenden, Liebe bietet schnell Gastfreundschaft an und hält durch bei Belastungen. Sie ist stets bereit zu verzeihen, zu hoffen, bis zu dem Punkt, dass sie bereit ist, mit Segen auf einen Fluch zu antworten.“

Bei einem Treffen mit Schülern einer katholischen Schule rief Franziskus Jugendliche dazu auf, ihre Komfortzone zu verlassen. Wer dies nicht tue, werde fett – nicht körperlich, aber geistig, sagte Franziskus. „Risikiert was! Geht raus!“, forderte der 87-Jährige in seiner improvisierten Ansprache.

Weiter solle die Jugend stets kritisch sein, aber auf eine konstruktive Art und Weise. Mut zur Kritik gehe dabei Hand in Hand mit der Bereitschaft, sich selbst kritisieren zu lassen, sagte der Papst.

Franziskus befindet sich heute auf dem Rückflug nach Rom. Am Freitagmittag (Ortszeit) startete seine Maschine in Singapur, letztes Ziel seiner am 2. September begonnenen Asien-Pazifikreise. Am Freitagabend gegen 18.30 Uhr (Ortszeit) wird das Kirchenoberhaupt am römischen Flughafen Fiumicino zurückerwartet.

Bereits vom 26. bis 29. September will der 87-Jährige zu seiner 46. Auslandsreise aufbrechen: Dann stehen Luxemburg und Belgien auf dem Programm des Papstes.

Severina Bartonitschek/KNA

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