Bischöfe zu Fronleichnam:

Provozieren, wählen, niederknien

Gottesdienste sind nach den Worten bayerischer Bischöfe nicht nur für Gläubige wichtig. Entsprechend äußerten sich katholische Würdenträger am Feiertag Fronleichnam. So sagte der Münchner Kardinal Reinhard Marx laut seiner Pressestelle im Liebfrauendom der Landeshauptstadt über Glaubensfeiern: "Nicht mehr der Nutzen gilt, es gelten andere Gesetze: die Logik Gottes." Der Erzbischof von München und Freising habe damit an die Funktion von Liturgie und Eucharistie erinnert, hieß es. "Nicht wir geben Gott etwas, er gibt uns alles: Das feiern wir!" Dass es diesen Raum gebe, sei "notwendig für die ganze Gesellschaft", so der Kardinal.

Marx fügte hinzu: "Wenn wir Eucharistie und Fronleichnam feiern, ist das ein großes Fest für uns und wir entdecken, wie großartig unser Glaube ist. Und ich möchte fast sagen, es ist auch ein Ort des widerständigen Denkens gegen die primitive Logik, die manchmal in der Gesellschaft herrscht. Da treten wir in einen anderen Raum, und das ist wichtig: die Notwendigkeit des Nutzlosen. Das feiern wir und das wollen wir auch feiern: Das ist unser Geschenk an die Welt."

Erzbischof Gössl warnt vor Ausgrenzung

Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl warnte vor der Ausgrenzung andersartiger Menschen. Gott mache stark im Kampf gegen das Böse, sagte er laut seiner Pressestelle im Bamberger Dom. "Aber dieses Böse, das sind nicht die anderen, die nicht zum Bündnis gehören, die anders aussehen, anders denken und reden."

Das Böse wachse immer wieder aus dem eigenen Inneren heraus, so Gössl weiter. Das Böse seien etwa üble Gedanken, Worte und Taten gegen andere Menschen und hasserfüllte Reden, die andere fertigmachten. "Das Böse sind Lügen, die ganz bewusst verbreitet werden, um Gemeinschaft zu zerstören oder ausländerfeindliche Parolen, die gebrüllt werden."

Bischof Meier ruft zur Wahl auf

Der Augsburger Bischof Bertram Meier bezeichnete den Tag dennoch als Demonstration und Provokation gegenüber „Gleichgültigkeit und Unwissenheit“. Gleich zu Beginn im Augsburger Dom rief der Bischof den anwesenden Polizisten, die eigentlich die aufgrund des Regens ausgefallene Prozession hätten absichern sollen, zu: „Nächstes Jahr können Sie wieder auf uns zählen!“ In seiner Predigt während des Pontifikalamtes, bei dem auch zahlreiche Ordenschristen, Ritter und Studentenverbindungen anwesend waren, beschrieb er das Fest als eine Demonstration der anderen Art: „Bei den üblich gewordenen Demonstrationen – Augsburg hat heuer schon einen Rekord aufgestellt! – zeigt man sich auf der Straße, um etwas zu fordern. Wir tun etwas Anderes. Unsere Demonstration setzt nicht auf geballte Fäuste, sondern auf gefaltete Hände.“ Dabei erinnerte er auch daran, dass das Wort „demonstrieren“ richtig aus dem Lateinischen übersetzt eigentlich „vorzeigen“ bedeute.

„Wir demonstrieren Jesus der Welt, ihn zeigen wir vor“, so der Bischof. Dabei würden Katholiken allerdings nichts fordern, sondern vielmehr der Welt ein Angebot machen. Das Angebot Gottes laute: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.“ (Joh 6,51) Damit übersteige es die „Grenzen von Raum und Zeit“.

Die Fronleichnamsprozession werde allerdings oft auch als Provokation wahrgenommen. Auch hier verwies der Bischof auf die eigentliche Wortbedeutung von provocare – herausrufen: „Wenn wir nachher auf die Straße gehen, wollen wir die Menschen provozieren, sie herauslocken aus ihrer Reserve, aus ihrer Gleichgültigkeit und Unwissenheit; ja, vielleicht erwächst daraus sogar eine neue Nachdenklichkeit darüber, was wir denn da tun als katholische Christinnen und Christen.“ Sein Traum sei es, dass solch eine provokative Prozession sogar zu einer Einladung werden könne.

Zudem rief Meier zur Teilnahme an der Europawahl auf: "Gehen Sie am 9. Juni wählen und erteilen Sie Gruppierungen eine Absage, die menschen-verachtende, demokratiefeindliche und völkisch-nationalistische Ideen fördern wollen."

Würzburgs Bischof Franz Jung rief zu mehr Großmut auf. Er sagte laut Bistumshomepage im Kiliansdom: "Beziehungen, große Projekte, Unternehmen scheitern oft nicht an den großen Dingen, sie scheitern oftmals an Kleinigkeiten. An Kleinigkeiten, an denen man sich aufreibt und stört und die am Ende dazu führen, dass das Ganze scheitert und zerbricht." Häufig fehle dieser eine Tropfen: der Tropfen Großzügigkeit, der einen dazu bringe, einen Schritt auf den anderen zuzugehen, oder der Tropfen Liebenswürdigkeit, der Wertschätzung vermittle.

Bischof Oster wirbt fürs Niederknien

Passaus Bischof Stefan Oster sagte seiner Pressestelle zufolge im Passauer Dom, es sei angemessen, sich niederzuknien, wenn die Prozession an einem vorbeiziehe. Auch sei es angemessen, zu stehen, wenn man das Wort Gottes höre – als Ausdruck der Aufmerksamkeit und der Bereitschaft, mit Gott zu gehen. "Dann kommt der Segen."

Am zweiten Donnerstag nach Pfingsten begeht die katholische Kirche das Fest Fronleichnam. An diesem Tag demonstrieren Katholiken öffentlich ihren Glauben, wie etwa aktuell beim Katholikentag in Erfurt. Dabei drücken sie die Überzeugung aus, dass Gott in Brot und Wein unter ihnen ist. Als sichtbares Zeichen wird eine geweihte Hostie in einem verzierten Schaugefäß, einer Monstranz, feierlich durch die Straßen getragen. Der Name Fronleichnam bedeutet so viel wie "Hochfest des Leibes und Blutes Christi". Er leitet sich ab aus dem Mittelhochdeutschen. Dabei steht "vron" für Herr und "licham" für Leib.

KNA/pba

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